Zwischen Schutz und Profit: Die Herausforderungen des neuen Hochsee-Abkommens

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Bericht und Anmerkungen: Ocean Care

 

Widerstand gegen das Abkommen: Kommerzielle und politische Interessen im Fokus

Der Widerstand gegen das Hochsee-Abkommen entzündete sich vor allem an kommerziellen und politischen Interessen: den Ausgleichszahlungen für die Nutzung mariner genetischer Ressourcen durch den globalen Norden sowie an der Teilhabe des globalen Südens. Mehr Substanz erhielt das Abkommen durch die verpflichtende Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen, die schädliche Eingriffe in die Hochsee verhindern sollen. Die Verhandlungen begannen bereits 2018 und drohten bis zuletzt zu scheitern.

"Wir sind sehr erleichtert. Nun muss es rasch verabschiedet und ratifiziert werden. Auch wenn der Vertragstext in vielen Punkten den Minimalkonsens widerspiegelt und weit hinter den Versprechungen der letzten Jahre zurückbleibt, bietet dieses Abkommen endlich die Möglichkeit, globale Maßnahmen zum Schutz der Hochsee umzusetzen." so Fabienne McLellan, Geschäftsführerin von OceanCare.

 

Hohe See: Dringender Handlungsbedarf

Die Hohe See macht mehr als 60 % der Weltmeere aus, doch bislang sind nur 1 % dieser Fläche geschützt. Die Nutzung der Hoch- und Tiefsee war bisher kaum reguliert. Seit mehr als 20 Jahren setzen sich Staaten für ein verbindliches Schutzabkommen ein. Ursprünglich sollte es bereits im Sommer 2022 auf der Fünften Intergovernmental Conference on Marine Biodiversity of Areas Beyond National Jurisdiction (IGC5 - BBNJ) verabschiedet werden. Nach erneuten Verhandlungen im Februar 2023 wurde ein rechtlich bindendes globales Regelwerk angestrebt, um die Nutzung mariner Vielfalt zu steuern und die Weltmeere wirksam vor weiterer Ausbeutung zu schützen.

"Wir begrüßen, dass mit diesem Vertrag endlich die Einrichtung von Schutzgebieten auf der Hohen See, dem größten Lebensraum der Erde, beginnen kann. Dadurch lassen sich z. B. Fischereiaktivitäten besser regulieren. Viele artenreiche und sensible Gebiete in internationalen Gewässern sollten dringend zu Meeresschutzgebieten erklärt werden," so McLellan.

 

Meeresschutzgebiete allein reichen nicht aus

Der bloße Schutzstatus reicht nicht aus, um die biologische Vielfalt der Meere zu sichern. Erst verbindliche Management-, Prüf- und Kontrollmechanismen können effektiv vor den vom Menschen verursachten Gefahren schützen. OceanCare setzte sich in New York für einen strengen Schutz der Hohen See ein, darunter einen rechtsverbindlichen "Umwelt-TÜV" für internationale Gewässer. Ziel ist ein globales, verpflichtendes Prüfsystem für Aktivitäten mit potenziellen Umweltfolgen.

"Umweltverträglichkeitsprüfungen sind ein entscheidender Hebel für den Meeresschutz. Doch wer prüft und wann? Das Abkommen definiert nun verbindliche Eckpfeiler für einen Umwelt-TÜV der Meere. Das Instrument ist sofort verfügbar und kann potenziell schädliche Aktivitäten identifizieren, bevor irreversible Schäden entstehen," erklärt Johannes Müller, Ocean Policy-Experte.

 

Strittige Frage: Wer profitiert von marinen genetischen Ressourcen?

Ein zentraler Streitpunkt war die Aufteilung möglicher Gewinne aus der Nutzung mariner Ressourcen. Dies betrifft sowohl mineralische Rohstoffe vom Meeresboden, wie Manganknollen für die Herstellung von Lithium-Batterien, als auch genetische Ressourcen wie Mikroorganismen für die Pharmaindustrie.

Während Industrie- und Technologiestaaten hohe Investitionen in die maritime Forschung und Nutzung der Meere tätigen, fordern die Staaten des globalen Südens eine gerechte Teilhabe. Die Verhandlungen in New York waren von zähem Ringen um einen fairen finanziellen Ausgleich geprägt. Letztlich spiegelt das Abkommen einen mühsam errungenen Kompromiss wider.

"Es ist bedauerlich, dass kommerzielle Interessen und hypothetische Profite die Verhandlungen dominiert haben. Die Verhandlungen offenbarten eine tiefe Kluft zwischen dem globalen Norden und Süden sowie unterschiedliche Auffassungen von Fairness," so McLellan.

 

Meeresschutz ist Klimaschutz

Die Ozeane sind essenziell für das Überleben der Menschheit: Sie regulieren das Klima, produzieren Sauerstoff und beherbergen eine immense Artenvielfalt. Da die Hohe See jenseits nationaler Hoheitsgebiete liegt, war die Errichtung internationaler Schutzgebiete ein zentrales Ziel des Abkommens. Es soll schädliche Eingriffe wie Tiefseebergbau, Hochseefischerei und Rohstoffexploration durch verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfungen begrenzen.

Auf der Biodiversitätskonferenz in Montreal im Dezember 2022 wurde beschlossen, bis 2030 mindestens 30 % der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen.

"Eine resiliente, artenreiche Hochsee liegt im Interesse der gesamten Menschheit. Nach dem langwierigen Verhandlungsprozess darf es keine weiteren Verzögerungen bei der Ratifizierung und Umsetzung des Abkommens geben. Die Vertragsbestimmungen müssen nun rasch in die Praxis umgesetzt werden, um die Weltmeere dauerhaft zu schützen," so McLellan abschließend.

Herzliche Grüße
Ilka Franzmann

 

communication manager OceanCare
Telefon: +49 – 170 - 280 51 81
E-Mail: ifranzmann@oceancare.org

OceanCare setzt sich seit 1989 passioniert und mit wissenschaftlicher Expertise für lebendige Ozeane ein.
Die NGO mit Sitz in der Schweiz ist UNO-Sonderberaterin und trägt international zur Erreichung
der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 bei. Meeresverschmutzung und Klimakrise, Artensterben und
Bejagung, der Schutz der Meereslebewesen und nachhaltige Fischerei sind unsere Themen. Wir bringen
bahnbrechende Reformen in die Welt, von funktionierenden Meeresschutzgebieten über ein starkes
UNO Hochseeabkommen bis zu einem globalen Vertrag zur Plastikvermeidung und dem Ziel, die Öl- und
Gassuche im Meer zu unterbinden. Wir bewirken Entscheidendes. OceanCare. Für lebendige Meere. Mehr
unter www.oceancare.org

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