Einigung über Hochseeabkommen - Erleichtert, aber ernüchtert
Bericht und Anmerkungen: Ocean Care
Widerstand entzündete sich vor allem an kommerziellen und politischen Interessen: den
Ausgleichszahlungen für die Nutzung mariner genetischer Ressourcen durch den globalen Norden und
die Teilhabe des globalen Südens. An Substanz gewann das Abkommen durch Auflagen von
Umweltverträglichkeitsprüfungen. Sie schützen die Hochsee vor schädlichen Eingriffen. Die
Verhandlungen begannen bereits 2018 und drohten bis zur letzten Minute zu scheitern
„Wir sind sehr erleichtert Nun muss es möglichst rasch verabschiedet und dann auch ratifiziert werden. Auch wenn
der Vertragstext in vielen Punkten den Minimalkonsens widerspiegelt und weit entfernt ist von vielen
Versprechungen der letzten Jahre, stärkt dieses Abkommen endlich die Möglichkeit, globale Maßnahmen zum
Schutz der Hochsee zu ergreifen,” so Fabienne McLellan, Geschäftsführerin von OceanCare.
Die Hohe See macht mehr als 60 % der Weltmeere aus, bis jetzt sind nur 1 % davon geschützt. Die Nutzung
der Hoch- und der Tiefsee war bis heute nicht ausreichend geregelt. Seit mehr als 20 Jahren bemühen sich die
Staaten um ein verbindliches Schutzabkommen für die Hochsee. Dieses Abkommen sollte bereits
vergangenen Sommer auf der Fünften Intergovernmental Conference on Marine Biodiversity of Areas Beyond
National Jurisdiction (IGC5 - BBNJ) verabschiedet werden und wurde am 20. Februar wieder aufgenommen.
Ziel der Konferenz war ein rechtlich verbindliches globales Regelwerk, das die Nutzung der marinen Vielfalt in
der Hoch- und Tiefsee managt und die Weltmeere effektiv vor weiterer Ausbeutung bewahrt.
“Wir begrüßen sehr, dass mit diesem Vertrag die Einrichtung von Schutzgebieten auf der Hohen See, dem größten
Lebensraum der Erde, beginnen kann. So können z.B. Fischereiaktivitäten gezügelt werden. Es gibt zahlreiche
artenreiche und sensible Gebiete in internationalen Gewässern, die dringend zu Meeresschutzgebieten werden
sollten,” so McLellan.
Hohe See: Meeresschutzgebiete auf Papier schützen die marine Vielfalt noch nicht
Meeresschutzgebiete schützen die Ozeane nicht per se. Erst verbindliche Management-, Prüf- und
Kontrollmaßnahmen bewahren die biologische Vielfalt der Meere vor Gefahren, die der Mensch verursacht.
OceanCare hat sich in New York für einen strengen Schutz der Hohen See stark gemacht, unter anderem für
einen rechtsverbindlichen "Umwelt-TÜV" für internationale Gewässer: Ein effektives Management
grenzüberschreitender Formen der Verschmutzung. Unser Ziel sind weltweit verpflichtende und einheitliche
Standards für die Hochsee: Vor Aufnahme von Aktivitäten, die der Umwelt schaden könnten, muss ihre
Umweltverträglichkeit geprüft, gesichert und danach genehmigt werden. Doch wie sollen Eingriffe wie
Bohrungen, Aquakulturen oder Tiefseebergbau vorab daraufhin untersucht werden, welche Schäden sie
anrichten könnten? Wer prüft und wann? Das Abkommen legt nun Eckpfeiler für
Umweltverträglichkeitsprüfungen fest, einen sogenannten Umwelt-TÜV für die Meere.
„Umweltverträglichkeitsprüfungen sind einer der wirksamsten Hebel im Meeresschutz. Auch über sie wurde intensiv
verhandelt. Denn effektiver Meeresschutz braucht ein striktes Management grenzüberschreitender Verschmutzung
mit global verbindlichen Regeln, um die Ausbeutung der Ozeane zu verhindern,“ so Johannes Müller, Ocean PolicyExperte. „Das Instrument der Umweltverträglichkeitsprüfung ist der Schlüssel. Es ist unmittelbar verfügbar und
kann auch sofort Wirkung zeigen, da es potenziell schädliche und gefährliche Aktivitäten identifiziert,“ so Müller
Strittig: Wer profitiert von marinen genetischen Ressourcen?
Kontrovers diskutiert wurde die Aufteilung möglicher Gewinne und Teilhabe aus der künftigen Erschließung
von Meeresressourcen. Dies betrifft die Nutzung mineralischer Rohstoffe vom Meeresboden, wie
Manganknollen z.B. für die Herstellung von Lithium-Batterien oder genetische Ressourcen wie
Mikroorganismen für die Pharmaindustrie.
So wie entwickelte Länder auf eine Nutzung der Meere hoffen, um ihre Technologie einzusetzen und dafür
hohe Millionenbeträge investieren, pochen die Länder des globalen Südens darauf, dass die Hohe See und
ihre Ressourcen allen Staaten gemeinsam gehören. Erbittert wurde in New York um einen fairen Mechanismus
im finanziellen Ausgleich gerungen. Das Abkommen spiegelt jetzt einen Kompromiss aufgrund hart
errungener Zugeständnisse aller Seiten.
“Es ist bedauerlich, dass kommerzielle Interessen an hypothetischen künftigen Profiten die Verhandlungen
dominierten. Hier zeigten sich eine klare Diskrepanz zwischen dem globalen Norden und dem Süden - und eine
unterschiedliche Auffassung von Fairness”, so Fabienne McLellan.
Meeresschutz ist Klimaschutz
Die Ozeane sind unsere größten Verbündeten im Kampf gegen die Klimakrise. Weltmeere sind für uns
essentiell wichtig zum Überleben, für die Sauerstoffproduktion und die Klimaregulation. Zudem sind sie ein
großer Hort biologischer Vielfalt. Die Hohe See macht mehr als 60 % der Ozeane aus. Sie umfasst riesige
Gebiete, die außerhalb der Gerichtsbarkeit der einzelnen Staaten liegen – also außerhalb der ausschließlichen
Wirtschaftszone eines Staates. Die Errichtung von Meeresschutzgebieten, um die Hochsee unter
internationalen Schutz zu stellen, war ein essenzielles Ziel dieses Abkommens. Es galt, den Schaden durch
Eingriffe - wie Bohrungen, Tiefseebergbau, Hochseefischerei, Öl- und Gasexplorationen - mit verpflichtenden
Umweltverträglichkeitsprüfungen zu verhindern. Im Dezember 2022 wurde auf der Biodiversitätskonferenz
in Montreal beschlossen, 30 % der Land- und Meeresfläche bis 2030 unter Schutz zu stellen.
“Eine artenreiche, resiliente Hochsee ist im Interesse der gesamten Menschheit. Nach dem langen
Verhandlungsprozess darf es keine weiteren Verzögerungen bei der Ratifizierung und Umsetzung geben. Die
Vertragsbestimmungen müssen nun zügig umgesetzt werden, um die ökologische Vielfalt der Weltmeere zu
sichern.” so McLellan.
Herzliche Grüße
Ilka Franzmann
communication manager OceanCare
Telefon: +49 – 170 - 280 51 81
E-Mail: ifranzmann@oceancare.org
OceanCare setzt sich seit 1989 passioniert und mit wissenschaftlicher Expertise für lebendige Ozeane ein.
Die NGO mit Sitz in der Schweiz ist UNO-Sonderberaterin und trägt international zur Erreichung
der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 bei. Meeresverschmutzung und Klimakrise, Artensterben und
Bejagung, der Schutz der Meereslebewesen und nachhaltige Fischerei sind unsere Themen. Wir bringen
bahnbrechende Reformen in die Welt, von funktionierenden Meeresschutzgebieten über ein starkes
UNO Hochseeabkommen bis zu einem globalen Vertrag zur Plastikvermeidung und dem Ziel, die Öl- und
Gassuche im Meer zu unterbinden. Wir bewirken Entscheidendes. OceanCare. Für lebendige Meere. Mehr
unter www.oceancare.org