Richtig lüften in Heim, Büro und Werkstatt
Nicht nur in Klassenzimmern, auch in Büros, Werkstätten und nicht zuletzt Zuhause sollte ausreichend gelüftet werden.
Das Lüften gehört zur deutschen Kultur – zumindest sehen es so die Briten. Die Zeitung "The Guardian" erklärte seinen Leser unlängst, was es mit der Obsession der Deutschen für frische Luft auf sich hat. Fasziniert waren sie unter anderem von den verschiedenen Techniken wie "Stoßlüften" oder "Querlüften". Die Tatsache, dass in Deutschland sogar im Winter gelüftet wird, sorgte ebenfalls für Verwunderung.
In der aktuellen Corona-Krise hatte sich auch kürzlich Angela Merkel dafür ausgesprochen mehr zu lüften, um das Infektionsrisiko zu senken. Über das Lüften in Klassenzimmern wird viel gesprochen, doch auch Zuhause, in Büros und Werkshallen muss auf eine gute Belüftung geachtet werden.
- Aber wie oft ist ausreichend?
- Wie ändert sich die Taktung, wenn mehr Menschen im Raum sind?
- Wie unterscheiden sich Büroräume und Werkshallen?
Wichtige Empfehlungen und Hilfestellungen für Betriebe zusammengefasst.
Wie lüftet man richtig?
Lüften hilft das Corona-Risiko in geschlossenen Räumen zu reduzieren, heißt es unter anderem beim Umweltbundesamt. Wie lange ein Fenster geöffnet bleiben muss, ist aus wissenschaftlicher Sicht jedoch nicht eindeutig zu beantworten. Denn: Wie viel Luft durch ein Fenster strömt hängt ab von der Temperaturdifferenz zwischen außen und innen, der Windgeschwindigkeit und -richtung, der Öffnungsfläche des Fensters und der Architektur des Raumes.
Einen groben Richtwert gibt es jedoch: Lüftungsregeln vom Umweltbundesamt oder den Arbeitsstättenrichtlinien besagen, dass mindestens alle 20 Minuten für mehrere Minuten das Fenster voll geöffnet werden sollte – in der Fachsprache auch Stoßlüften genannt. In wärmen Jahreszeiten sagen Experten, dass das Fenster auch permanent geöffnet bleiben kann. Wenn möglich sollte eine Querlüftung hergestellt werden – Fenster und Türen auf gegenüberliegenden Seiten sollten geöffnet werden. Die Fenster nur zu kippen reicht hingegen nicht aus, um genügend frische Luft in den Raum zu bekommen. Außerdem können raumlufttechnische Anlagen zusätzlich für frische Luft sorgen.
Woran man gute Luft in Innenräumen erkennt
Stickige Luft in Innenräumen ist eigentlich schon seit Jahren ein heiß diskutiertes Thema. Seit diesem Jahr bekommt die Frage nach der Konzentration von CO2 in der Luft jedoch eine neue Brisanz. Denn der Anteil an CO2 in Innenräumen soll auch ein guter Indikator für das Corona-Infektionsrisiko bzw. die Virenkonzentration in der Luft sein. Was gute Luft ausmacht und wie sie überprüft wird – ein Überblick.
Wann spricht man von guter Luft?
Vor allem drei Parameter helfen dabei die Luftqualität in Innenräumen zu messen: die Luftfeuchtigkeit, der CO2-Gehalt und der Anteil an Schadstoffen.
1. Wie beeinflusst die Luftfeuchtigkeit die Luftqualität?
Der ideale Wert für Luftfeuchtigkeit in Innenräumen liegt laut Umweltbundesamt zwischen 40 und 60 Prozent. Trockenere Luft unter 20 bis 30 Prozent kann zu gesundheitlichen Beschwerden führen. Die Atemwege können austrocknen, da die Konzentration an Schwebeteilchen wie Staub, Schadstoffe und Bakterien deutlich erhöht ist, und sie eingeatmet werden. Hinzu kommt, dass die Schleimhäute bei zu geringer Luftfeuchtigkeit austrocknen. Das setzt die Schutzfunktion der Schleimhäute in Mund und Nase herab.
Zu feuchte Luft kann wiederum mittel- und langfristig das Schimmelwachstum in Innenräumen begünstigen. Im Winter wäre dies bei einem Wert oberhalb von 50 bis 55 Prozent der Fall, im Sommer bei 60 Prozent. Diese Werte gelten für Büros gleichermaßen wir für Wohnungen und Schulen. Die Luftfeuchtigkeit wird unter anderem auch durch die Menschen im Raum beeinflusst. Ein Mensch atmet rund einen halben Liter Wasser am Tag aus, rund ein Liter kommt durch die Verdunstung über die Haut hinzu, auch wenn man nicht schwitzt. Beim Duschen und Kochen, durch abtrocknende Kleidung und Zimmerpflanzen entweicht zusätzliche Feuchtigkeit in die Luft.
Geregelt wird die Luftfeuchtigkeit über die Frischluftzufuhr. Bei Räumen mit Fenstern empfiehlt sich Stoß- und Querlüften. Aber auch raumlufttechnische Anlagen können mittels Sensoren die Luftfeuchtigkeit messen und entsprechend für den nötigen Luftaustausch sorgen.
2. Wie beeinflusst die CO2-Konzentration die Luftqualität?
Die Konzentration von CO2 ist ein weiterer wichtiger Gradmesser für die Raumluftqualität. Die Außenluft hat in Deutschland etwa 400 ppm CO2. In Innenräumen ist sie höher, sollte jedoch nicht über 1.000 ppm liegen. An diesem verbindlichen Wert orientieren sich auch die verschiedenen Richtlinien zur Luftqualität, wie zum Beispiel die Arbeitsstättenrichtlinie ASR 3.6, die in der Arbeitsstättenverordnung fest verankert ist. Je mehr Menschen in einem geschlossenen Raum sind, desto höher ist auch die Aerosol- und CO2-Konzentration in diesem Raum, da jeder Mensch kontinuierlich CO2 und auch Aerosole ausatmet.
Ein zu hoher CO2-Anteil in der Luft führt zu Schläfrigkeit, Benommenheit und kann bis zur Bewusstlosigkeit führen. Mit Unwohlsein und nachlassender geistiger Leistungsfähigkeit reagieren Menschen bereits bei einem CO2-Gehalt zwischen 1.000 und 2.000 ppm.
Messungen von Forschern haben ergeben, dass in geschlossenen Schlafräumen die CO2-Konzentration während der Nachtruhe sogar auf bis zu 4.300 ppm ansteigen kann. Auch wenn Menschen das Kohlendioxyd in der Luft nicht bewusst wahrnehmen, reguliert es die Intensität der Atmung. Um erholsam zu schlafen, raten Mediziner daher, Schlafräume gut zu lüften. Auch hier können Lüftungsanlagen mit entsprechenden CO2-Sensoren für einen bedarfsgerechten Luftaustausch und eine geringere CO2-Konzentration sorgen.
3. Wie beeinflussen flüchtige Schadstoffe die Luftqualität?
Zahlreiche Quellen können die Qualität der Innenraumluft durch Schadstoffemissionen nachteilig beeinflussen. Zu den üblichen Schadstoffen in Innenräumen zählen flüchtige organische Verbindungen. Sie werden ausgelöst durch Bauprodukte, Möbel und andere Einrichtungsgegenstände, die chemische Stoffe meist kontinuierlich freisetzen können. Beim Lüften kann auch die Außenluft zur Verunreinigung der Innenraumluft beitragen.
Zur gesundheitlichen Bewertung der Qualität der Innenraumluft hat das Umweltbundesamt einige Richtwerte herausgegeben. Außerdem kann man online auf einer Deutschlandkarte die Luftschadstoffbelastung der Außenluft überprüfen.
Quelle: Deutsche Handwerks Zeitung